Ich stecke meinen Kopf in …

…den Ikea Office Papierkorb Schmûddel Farbe Weiß Maße 28cm x 65cm x 45cm Polypropylen, weil ich, als ich ihn kaufte, noch keine Ahnung davon hatte, wie sehr ich es vermisse würde, den Zivilisationsdreck zu schnuppern.


Die kleinen Düfte der zwischenmenschlichen Zusammenkünfte zu riechen und ihre belebenden Substanzen auf meiner Haut zu spüren. Da ich es damals nicht als nachvollziehbare Idee erachtet hatte, sich dieser Flüssigkeiten, Substanzen und Aerosolen zu verweigern, ja sie gar stündlich mit Desinfektionsmittel zu zerstören, suche ich derzeit nach Auswegen, aus diesen hygienisierten Standards. Ich verstehe zwar, warum wir das alles machen müssen und sollten, aber dennoch versuche ich mir kleine Eskapaden zu gönnen, und zwar ohne gleich meine Mitmenschen zu infizieren.

Natürlich vermisse ich das Miteinander der durchzechten Nächte, die lose Zusammenkunft der Nacht, das aktive Planen von Absurditäten und Unabwägbarkeiten, verstehen sie mich da bitte nicht falsch, aber warum sollte ich dafür, in der derzeitigen Situation, Bekannte und Unbekannte in kritische Situationen bringen. Jedoch, wenn ich in die Versuchung komme, dann stecke ich meinen Kopf einfach in meinen Papierkorb. Ich finde ihn besonders gut, wenn er gerade entleert wurde und die kleinen Aromen meiner vergangenen Tage noch frisch in der Polypropylenhülle auf mich einströmen, wenn ich ihnen so nahekomme. Ich mag den Duft der Kaugummis und der Asche, deren Verbindung noch sichtbar in den Kanten klebt, das Aroma der Weichmacher und die Sperma- und Kautschukdüfte benutzter Kondome, die sich mit den Überresten von Katjes und Apfelkripsresten mischen. Oder wenn die hineingeworfene Bierdose etwas ausgelaufen ist und sich mit der Druckerschwärze der verbrauchten Tageszeitung vermischt hat. Berauschend ist auch der Geruch eines alten Pizzakartons, der sich mit der Verruchtheit von recyceltem Briefpapier, der ewig eintrudelnden Rechnungen verbindet. Ich kann die zurückliegende Zeit auf ein Neues wiedererleben und gleichzeitig ein kleines Bisschen der Zukunft erschnuppern.

Denn, und da bin ich mir sicher und werde dank meines Papierkorbs jeden Tag sicherer, sie wird zu uns zurückkehren. Die Zukunft wird uns zwar bald lehren, dass wir alle egoistische Klopapierarschlöcher*innen sind und immer bleiben werden, aber auch, und das ist ja der wichtige Punkt, wie sehr uns das menschliche Gegenüber fehlt. Die Umarmungen, die Haut, der Geruch und auch die Gespräche, die irgendwann am Abend ins Endlose führen. Wir werden merken, dass es unerheblich sein wird, ob wir eine uns bekannte Person umarmen werden oder eine, die wir nicht kennen. All das wäre uns dann egal, weil wir erkannt haben, dass wir alle Menschen sind. Wir sind Menschen mit Gefühlen und mit Wert. Wir werden gemerkt haben, dass wir alle systemrelevant sind, und wenn es der Furz ist, der der Nachbar*in aus ihrem duftenden Hintern kriecht, während sie das vegane Falafelmenü bestellt.